Eine Reise — Vier Wochen Kinderhospiz

Es ist April und wir starten wieder ins Kinder­hos­piz. Vier Wochen, so besagt es der Rah­men­ver­trag, kön­nen wir im Jahr ins Kinder­hos­piz fahren.…

Cover Image

Es ist April und wir starten wieder ins Kinder­hos­piz. Vier Wochen, so besagt es der Rah­men­ver­trag, kön­nen wir im Jahr ins Kinder­hos­piz fahren. Vier Wochen müssen/sollten also aus­re­ichen, damit wir aus den täglichen Krisen und deren Belas­tun­gen geholt wer­den. Ja, da stellt sich die Frage, was ist mit den anderen 48 Wochen im Jahr? Eine berechtigte Frage, die ein­er Antwort bedarf. Jet­zt sind es knapp zwei Wochen, damit wir wieder ver­schnaufen, dur­chat­men kön­nen. Aber woher kom­men diese „vier Wochen“ und darf man mit einem lebens­be­gren­zend erkrank­ten Kind wirk­lich nur vier Wochen ins Kinder­hos­piz fahren?

Vier Wochen

Über die ganzen Jahre habe ich nie eine klare Aus­sage erhal­ten, auf welch­er Grund­lage sich diese vier Wochen beziehen. Dann stieß ich auf die Rah­men­vere­in­barung zur sta­tionären Kinder­hos­pizver­sorgung beim Bun­desver­band Kinder­hos­piz — es ste­ht dort in einem Satz (§2 Abs. 3), fer­tig. Aber wie sind diese Parteien, die diese Paper aushan­del­ten, auf vier Wochen gekom­men? Ich darf nur mut­maßen oder ich kön­nte mir eine Sto­ry aus­denken. Doch belasse ich die „Black­box“ so, wie sie ist.

Von ver­schiede­nen Eltern in Kinder­hos­pizen erfuhr ich, dass diese „vier Wochen“ auch eine Richtschnur seien, um eine Art Gerechtigkeit zu benen­nen bei den Fam­i­lien. Jede unser­er Fam­i­lien darf im Jahr vier Wochen zum Ent­las­tungsaufen­thalt kom­men. Es gibt somit eine Gren­ze für die Zeit im Kinder­hos­piz. Dies hil­ft aufzuzeigen, keine Fam­i­lie wird bevorzugt gegenüber ein­er anderen behan­delt. Dies ist ein­er­seits gut so, denn die Ressourcen der Kinder­hos­pize sind knapp. Es gibt nur wenige Häuser und der Pflegenot­stand arbeit­et auch hier. Viele Stan­dorte suchen Pflege­fachkräfte. Doch die andere Seite gilt auch.

Krise, Krise und vier Wochen anders

48 Wochen im Jahr ohne eine sta­tionäre Ent­las­tung und Sta­bil­isierung. Doch was ist, wenn ich zuhause mit meinen schw­er erkrank­ten Kind von ein­er Krise und die näch­ste rutsche? Sprich, jeden Tag ängstige ich mich um unser Kind, um unsere Fam­i­lie, denn es erlebt jeden Tag starke Schmerzen und zeigt schw­er­ste Unruhe. Dieser Schwere der Erkrankung halte ich, hal­ten wir als Fam­i­lie, nicht stand. Ihre Schwest­er igelt sich in ihre eigene Welt ein, ent­fer­nt sich von uns und ich sitze wieder­holt bei mein­er Hausärztin wegen Erschöp­fung, ein­er anhal­tenden Angst und Rück­en­schmerzen. Wir kön­nen zuhause keine einzige Minute dur­chat­men.

In der Klinik waren wir mit unserem lebens­be­gren­zt erkrank­ten Kind und die kön­nen uns nicht weit­er helfen. Es ist nichts mehr zu heilen, meinen die Medi­zin­er dort, max­i­mal die schw­eren Schmerzen kön­nten gelin­dert wer­den, doch hier dreht sich ständig eine Medaille: Ist sie wach, dann erlebt sie Schmerzen. Wenn wir Schmerzmit­tel geben, dann schläft sie wieder. Doch selb­st hier, in diesen Pausen für uns — wir kön­nen nur schw­er aufat­men, wir fall­en in einen anges­pan­nten Schlaf, bis ihre Überwachung der Puls­es piept oder die Pflegekraft ruft.

Vier Wochen im Jahr kön­nen lebenslim­i­tiert erkrank­te Kinder ins Kinder­hos­piz

In solchen harten Sit­u­a­tion — dies war ein Beispiel, kön­nte das erkrank­te Kind weit­er­hin im Kinder­hos­piz gepflegt wer­den. Also über die vier Wochen im Jahr hin­aus, soweit ich es kenne und auch erlebte.

Genau­so bet­rifft es Kinder, die ihre let­zte Leben­sphase erleben und in jedem Augen­blick ster­ben kön­nen. Auch wenn der Tod abse­hbar scheint, ein solch­er Prozess kann sich lange hinziehen und mit „lange“ meine ich nicht ein paar Tage, son­dern Wochen.

Dazu kann sich gesellen, dass sich in solchen Sit­u­a­tion das tod­kranke Kind sich wieder aufrap­peln kann an einzel­nen Tagen und sagt unser­er Welt wieder guten Tag.

Deine Hilfe

Ja und was bedeutet es für Dich? Du bist selb­st betrof­fen, fährst regelmäßig ins Kinder­hos­piz und kennst diese Krisen, steckst mit­ten­drin und Du glaub­st, es bricht alles zusam­men. Dann rufe dein ver­trautes Haus an und spreche mit Ihnen, ob Du mit dem erkrank­ten Kind „außer­plan­mäßig“ anreisen darf­st.

Oder Du begleitest betrof­fene Fam­i­lien und sie steck­en mit­ten in ein­er Krise. Vielle­icht find­et Ihr einen Weg, dieses The­ma anzuge­hen und mit dem sta­tionären Haus zu sprechen. Dabei ist es auch wichtig, sofern es in eur­er Region vorhan­den ist, den spezial­isierten all­ge­meinen Pal­lia­tiv­di­enst für Kinder und Jugendliche (SAPV-KJ) einzuschal­ten, falls es noch nicht geschehen ist.

Du hast weit­ere Fra­gen, dann schreibe uns, entwed­er als Kom­men­tar, Kon­tak­t­for­mu­lar.