Wie es wirklich ist, ein Kind in den Tod, beim Sterben zu begleiten, sei das Thema der Kinderhospizarbeit oder Palliativmedizin für Kinder und…
Wie es wirklich ist, ein Kind in den Tod, beim Sterben zu begleiten, sei das Thema der Kinderhospizarbeit oder Palliativmedizin für Kinder und Jugendliche.
Ich setze hier ein Break, eine Pause. Es ist ein Thema und dazu behaupte ich, es ist nicht allein das schwierigste Thema in der Arbeit für die ambulanten Kinderhospizdienste oder Kinderhospize.
Doch beurteile im weiteren Artikel selbst.
Emotional ist das Sterben und der Tod eine Kindes, dem stimme ich zu, äußerst bewegend und belastend in der Kinderhospizarbeit. Es ist eine außergewöhnliche Situation, es ist ein heftiger Peak, mit Grund auch Finalphase bezeichnet.
Diese letzte Lebensphase ist mit Ängsten und Erwartungen gespickt. Diese sind versetzt mit, dass sich das gesamte bisherige Leben der Eltern und Angehörigen zerwerfen kann, in einem Chaos versinkt.
Vielleicht besteht bei uns als Professionelle und Freunde der Familie die „gruslige“ Erwartung, dass wir die Eltern in ihrer Trauer nicht (be-)greifen können und das ihre Gefühle uns selbst verletzen würden.
Durch ihre Emotionen und Gefühlsäußerungen könnte unsere eigene (verdrängte) Trauer ums Sterben im eigenen Leben aufgezeigt werden. Es könnte und die Angst ums Leben unserer Liebsten und die Trauer um unsere verstorbenen Angehörigen in unseren Gedanken und Tagträumen rücken. Wir sind verunsichert, ob wir dann nicht selbst die Haltung verlieren, unsere traurigen Gefühle uns überrennen und unsere Lebensplanung umkippt.
Einfach so.
Es gilt: Professionelle in der Palliativcare können die einen oder anderen „Tools“ und „Tricks“ lernen, um gut aufgestellt zu sein für diese herausfordernde Arbeit. Ein wichtiges Werkzeug ist dabei die eigene Reflexion gegenüber sich selbst, seinen eigenen Werten und Grenzen. Ein Austausch wie in einer Supervision kann äußerst hilfreich sein. Einige Kinderhospize, neben anderen Akademien, bieten dafür Fortbildungen an für die Professionellen. Aus meiner Sicht gehören deshalb auch Angehörige und Freunde in die psycho-soziale Begleitung der Kinderhospize und Kinderhospizdienste.
Note: Aus der „gestanden“ Lebensbahn und -planung geworfen zu werden kann jeden einzelnen Professionellen passieren, die eng mit der Familie und lebensverkürzenden erkrankten Kindern arbeiten. Deshalb bedürfen Professionelle, die in der Palliativcare arbeiten, eine besondere Fürsorge von den Arbeitgebern. Damit ist es auch angemessen für eine gute Entlohnung zu sorgen, die die gesundheitlichen Krisen der Palliativarbeit abdeckt.
Das lebensverkürzend erkrankte Kind und die Geschichten der Familien
Doch die Kinderhospizarbeit erzählt weitaus mehr Geschichten, die vor der letzten Lebensphase ihre Fäden spinnt, ihre Helden und Antihelden hat. Dabei gilt, der Hauptdarsteller ist nicht allein das lebensverkürzend erkrankte Kind. Es ist die Familie und das Kind.
Neben dem Leid, die schwierigen Phasen einer lebensverkürzenden Erkrankung, welche das Kind erdulden und tragen muss, sorgt sich die Familie pausenlos ums Kind. Die Familie schultert Entscheidungen über das Für und Wider von Lebensqualität, von möglicher Lebenserwartungen und den Werten eines Leben mit der Krankheit. Die Familie muss entscheiden, wie was läuft mit dem erkrankten Kind, und muss über den Tod des Kindes hinaus die Konsequenzen tragen.
Sie ist damit der Hauptdarsteller.
Es gilt: Wenn wir in der Kinderhospizarbeit von Familien sprechen, schließt es aus meinem Wissen heraus die Alleinerziehenden mit weiteren Kindern, getrennt lebenden Elternteile und Pflegeeltern mit ein. Selbst Großeltern oder neue Lebenspartner*innen gehören dazu. Das Hauptmerkmal ist: Alle sind eng mit dem erkrankten Kind verbunden, sei es emotional oder weil sie zusammen wohnen.
Die Geschichten der Familien haben häufig den roten Faden, wie die Eltern bei den Krankenkassen und Ämtern um die Bedingungen kämpfen, das Leben für das Kind lebenswert zu gestalten. Seien es wichtige Medikamente, die für andere Diagnosen nur zugelassen sind und nicht für diese Erkrankung. Seien es Streits um Hilfsmittel, sei es der Schulbesuch oder Stütze in der häuslichen Pflege, die Sorgen erzeugt.
Es sind die Geschichten, die sich um die Würde des Kindes drehen. Was ist Würde? Werden wir als Familie auch gewürdigt oder worin werden wir nicht gesehen? Was können wir als Familie alles tragen, was können wir erleiden und schultern, was uns aufgebürdet wird?
Diese Storys kommen auch bei den unterstützenden Systeme der Kinderhospize und ambulanten Diensten an.
Das Leid und Wohl des medizinischen Fortschritts
Die Medizin bei uns in Deutschland schaffte es, mehr und mehr Optionen zu entwicklen, schwere Erkrankungen zu behandeln. Doch nicht jede Option fördert lebenswerte Momente, fördert die Lebensqualität.
Manche Therapien sind neu. Es werden die ersten Schritte damit gegangen und der therapeutische Ansatz ist vielleicht noch experimentell. Dabei gilt auch, es kann das Wissen fehlen, wie sich die Behandlung über lange Zeit entwickelt.
Gibt es später neue oder schwierigere Probleme? Wird alles gut?
Denn auch wenn wir schweren Krankheiten behandeln können, kann es nicht sofort damit übersetzt werden: Wir können die Erkrankung heilen. Oder die Therapie „löst“ schwere Behinderungen auf, die durch die Erkrankungen entstanden sind.
Notes: Behinderung bedeutet häufig, dass etwas nicht reversibel ist, sprich, es ist eine Schädigung entstanden, die nicht rückgängig gemacht werden kann.
In vielen Fällen von seltenen Erkrankungen werden Symptome, Komplikationen oder „Nebendiagnosen“ behandelt. Nicht die ursprüngliche Krankheit selbst.
Einige Nebendiagnosen sind weitere Krankheiten, die durch Auswirkung der Hauptdiagnose sich entwickeln können. Zum Beispiel können bei Erkrankungen des Gehirns die Nebendiagnosen Epilepsie oder Spastik dazu kommen.
Andere Nebendiagnosen sind Krankheiten, die sich durch notwendige Medikamente entwickeln können. Zum Beispiel können Arzneimittel gegen Epilepsie für Störungen in der Intelligenz, des Denkens oder der Stimmung sorgen.
Schnell lernten wir bei der schweren, lebensverkürzenden Erkrankung unserer Tochter, dass wir jede Therapie, sei es eine chirurgische Operation oder ein Medikament, alles Wissen dazu in einer Waagschale werfen müssen:
Was gewinnen wir mit der Behandlung?
Welche Nebenwirkungen dürfen wir erwarten?
Wie stark sind die Nebenwirkungen?
Welche weiteren Symptome oder Komplikationen können entstehen?
Wir müssen jede Therapie abwägen, was seit vielen Jahren ein Teil unserer Geschichte ist. Wir wägen es ab gegenüber der Lebensqualität. Verbessert sich diese? Bleibt sie gleich?
Wäge es ab gegenüber den Nebenwirkungen.
Wiegen die Nebenwirkungen schwerer als die zu behandelnden Probleme? Was beeinträchtigt unser Kind mehr? Was beeinträchtigt uns und die Pflege mehr?
Wäge es ab gegenüber den Nutzen und Aufwand.
Wie schwierig wird es zum Beispiel, wenn wir ein Medikament ausschleichen und absetzen, um danach ein neues Medikament zu starten? Kann es zu schweren Krisen kommen, die sogar lebensbedrohlich sind?
Müssen wir für die Therapie in die Klinik? Bessert das neue Medikament wirklich die Erkrankung oder ist es nur eine Vermutung? Ist es eventuell gut, noch mal zu warten, um mehr Daten über die Wirksamkeit bei anderen kleinen Patienten zu erhalten?
Das Leid und Wohl der Hilfsmittelversorgung
Viele Geschichten von Familien mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind drehen sich auch um die Hilfsmittel und wer diese finanziert.
Notes: Als Hilfsmittel verstehen wir hier Produkte / Medizinprodukte, die für den Ausgleich einer Behinderung oder einer Krankenbehandlung dienen.
Für einige wird dieses Feld eine Belastungsprobe, da zum einen es für die/der Ärzt*in eine ärztliche Verordnung selten sein kann. Ist das Hilfsmittelrezept falsch oder unvollständig ausgefüllt, kann es eine Ablehnung des Hilfsmittel bei der Krankenkasse bewirken.
Zum anderen kann es auch sein, dass das Hilfsmittelrezept beim falschen Amt abgegeben wird. Es ist zum Beispiel nicht die Krankenkasse zuständig, sondern das Sozialamt.
Dazu gibt es noch viele Feinheiten mehr, die die Familie fordern oder sogar überfordern, wie sie letztendlich an das begehrte Hilfsmittel kommen.
Die Zeit, bis das Hilfsmittel dann da ist, kann äußerst schwierig werden.
Wird zum Beispiel ein Beatmungsgerät nicht sofort genehmigt, kann das erkrankte Kind nicht aus der Klinik entlassen werden. Schlimmstenfalls springt hier noch ein organisierter Kinder-Intensivpflegedienst ab.
Dies ist dann ein Drama hoch Zehn. Denn ohne Pflegedienst kann das Kind auch nicht entlassen werden. Die Eltern müssen sich dann auf einen Daueraufenthalt in der Klinik einrichten.
Wer schon mal in einem Krankenhaus länger lag, weiß vermutlich, was ein Krankenhauskoller ist oder warum es sich wie eine Gefangenschaft anfühlen kann.
Ein Daueraufenthalt in der Klinik gefährdet die Familie, deren gesunde und stützende Struktur an sich und kann zu massiven Problemen bei Geschwistern führen.
Dis als ein Beispiel und ein Grund, warum Kinderhospizarbeit im Krankenhaus starten sollte
Je schwerer erkrankt das Kind ist, desto höher wird häufig der Bedarf an Hilfsmitteln. Bei uns zum Beispiel ist es:
Beatmungsgerät
Sauerstoffkonzentrator
Rollstuhl mit Antrieb
Pflegebett
Absauggerät
Hustenhilfe
Windeln etc.
Je mehr Hilfsmittel gebraucht werden, je mehr steigen auch die Probleme. Denn neben den Stellen, die die Hilfsmittel finanzieren (zum Beispiel Krankenkasse, Sozialamt) kann es zu Streits zwischen den Sanitätshäusern / der Homecarefirmen und den Kinderhospiz-Familien kommen.
Denn in einigen Bereichen gibt es Pauschalen, also einen fixen Geldbetrag für den Hilfsmittel-Versorger für eine Art Hilfsmittel. Dies gilt zum Beispiel bei den Inkontinenzhilfen oder für die Mittel für einen Luftröhrenschnitt.
Eltern können dabei irritiert werden. Denn das Sanitätshaus bekommt hier häufig freie Hand über das, was es liefert. Das Hilfsmittel muss nur die gleiche Funktion und qualitativen Eigenschaften aufweisen.
Erleben die Eltern, dass das gelieferte Hilfsmittel nicht die notwendige Qualität hat, dann streiten sich die Eltern nicht nur mit der Krankenkasse, sondern auch mit dem Sanitätshaus oder der Homecarefirma.
Die Eltern müssen zusammen mit dem Arzt dann erklären, warum das gelieferte Medizinprodukt nicht ausreiche. Dies belastet.
Wir hatten dies Thema letztes Jahr beim Sprechventil, was auf die Trachealkanüle gesetzt wird für die Stimme und Ausatmung. Dieses Jahr streiten wir uns um die passende Windelversorgung mit der Krankenkasse, mit dem Windellieferanten.
Das Leid und Wohl der Pflege
Der Pflegenotstand herrscht in vielen Teilen Deutschlands. Viele Kinderhospize müssen sich danach richten und Lösungen finden.
Genauso trifft es die Kinder-Intensivpflegedienste oder selbst in den Krankenhäusern erkennt man es.
Diesen, unseren Kinder begleitet häufig auch ein hoher Bedarf an Pflegehilfen.
Einmal sind es die Behinderungen, die das Kind für das jeweilige Alter unselbstständig machen. Die Eltern oder Pflegefachkräfte müssen hier die Unselbstständigkeit ausgleichen.
Zum anderen brauchen einige Kinder eine ständige Krankenbeobachtung, um sofort lebensbedrohliche Probleme zu erkennen und die passenden medizinischen Behandlungen durch zu führen.
Zeigt sich bei den Kindern ein sehr hoher Bedarf an medizinischer Pflege (Behandlungspflege) können die Eltern schnell überfordert und verunsichert sein und/oder das Kind hat hierfür keine Einsicht. Dann braucht es (weitere) professionelle Pflegefachkräfte.
Dieser Bedarf besteht zum Beispiel bei der Beatmung, bei schweren Schluckstörungen oder aktiver Epilepsie.
Ein hoher Bedarf an professionellen Pflegekräften sorgt schnell für weitere Probleme. Denn hier fällt das Stichwort Pflegefachkräftemangel. Je nach Region in Deutschland ist dieser unterschiedlich hoch.
Erschwerend kommt hinzu, wenn die Familien auf dem Land leben und das es im Schnitt weniger Fachkräfte gibt für Kinder und Jugendliche. Ausgebildete Krankenpflegekräfte für die Erwachsenen können gegenüber den jungen Patienten sehr hohen Respekt haben, so dass in dem Bereich nicht arbeiten möchten und somit auf Stellenausschreibungen der Kinder-Intensivpflegedienste nicht reagieren.
Diese Last durch den Pflegenotstand ist ein häufiges Beratungsthema in den Kinderhospizen und den ambulanten Diensten. Es kann schnell zur Ratlosigkeit kommen, da den Familien nicht weiter geholfen werden kann.
Aus Gesprächen mit ehrenamtlichen Familienbegleiter*innen erfuhr ich, wie es auch diese freiwilligen Helfer belastet.
Der Pflegenotstand in den vier Wänden der Familie sorgt schnell für sehr schwierige Verhältnisse:
Stichwort Armut durch Pflege, da die Mutter oder Vater ihren Job aufgeben für die intensive Krankenpflege des Kindes.
Ständige Überforderung mit Ängsten bei den Eltern durch die Krankenpflege, was zu psychischen Problemen führen kann. Pflege ist eine Profession, die viel Wissen und Erfahrung erfordert und eine Ausbildung voraussetzt. Dies lässt sich nicht durch Laienpflege „aufholen“.
Ständig übernächtigte Eltern, da eine Intensivpflege mit Krankenbeobachtung rund um die Uhr stattfindet. Dies kann zu gesundheitlichen Problemen führen bei den Eltern.
Die Unterstützung der Kinderhospize und Kinderhospizdiensten
Die Mitarbeiter, egal ob professionell oder ehrenamtlich, der Kinderhospize oder der ambulante Kinderhospizdienst lernen also schnell, dass die Begleitung von Familien mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind mehr ist als nur Sterben und Tod.
Sie lernen, dass es bei den Familien Konflikte, Krisen und schwere Ängste gibt, die unabhängig sind vom Sterben oder dem kommenden Tod des Kindes.
Die sich darum drehen, Zuhause eine gute Versorgung des schwer erkrankten Kindes zu zaubern, aufzubauen und zu gestalten.
Sie lernen, wie erwähnt, wie der ständige Kampf um gute Hilfsmittel die Familie belastet oder sogar traumarisiert. Jeder Brief von einem Amt, einer Sozialkasse oder Behörde kann mit einem Schrecken verbunden sein: Welche Ablehnung gibt es jetzt?
Die Familien bringen ihre Geschichten mit ins Kinderhospiz. Ihre finanziellen Sorgen.
Wenn die Häuser und ambulanten Diensten über Jahre einzelne Familien begleiten, erleben sie, wie die zuvor tollen Ehen an der Last mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind zerbrechen.
Es dabei den Familien an Ressourcen und Kraft fehlt, an ihre Beziehung zur/zum Partner*in zu arbeiten. Selbst kleinste Dinge schaffen sie nicht umzusetzen. Wie auch, wenn sie ständig übermüdet sind durch die Pflege rund um die Uhr, verunsichert sind durch die Entscheidungen der Krankenkassen oder ständige finanzielle Sorgen haben.
Es gibt für die Familien keine Pause, keinen Urlaub.
Klar, es gibt die Auszeit, die Zeit der Entlastung im Kinderhospiz. Doch auch diese ist durch den Pflegenotstand reduziert oder klappt nicht mehr so gut gegenüber früher.
Klar, es gibt die ehrenamtlichen Familienbegleiter der Kinderhospizdienste, welche die Familien auf verschiedenste Weise unterstützen.
Doch gibt es nicht in jeder Region einen ambulanten Dienst und professionelle Pflege ist wiederum nicht der Job von den Ehrenamtlichen. Dies ist auch gut und richtig so.
Und doch ist es wichtig und gut, so meine Erfahrung, die Angebote der Kinderhospizdienste oder Kinderhospize für sich und der Familie nutzen zu lernen.
Uns als Familie hat dabei sehr geholfen klar zu formulieren, was wir brauchen und wir suchen wiederholt bei jeden Unterstützer die klare Antwort: Wie könnt ihr uns unterstützen oder helfen? Wo zeichnen sich die Grenzen eures Angebots?
Denn zermürbend sind Helfersysteme, so unsere Erfahrung, für einem selbst, wenn keine klaren Erwartungen mit deren Antworten darauf bestehen.
Wir als Familie müssen wissen, worauf wir uns verlassen können. Das andere bleibt dann eine (weitere) Baustelle bei uns.
Sommerzeit ist für viele Menschen eine besondere Lebenszeit, da es die Urlaubszeit ist. Zeit zum Aufatmen und viele leben auf diese Zeit hin,…
Sommerzeit ist für viele Menschen eine besondere Lebenszeit, da es die Urlaubszeit ist. Zeit zum Aufatmen und viele leben auf diese Zeit hin, sparen, planen und richten ihr berufliches und / oder alltägliches Schaffen darauf aus.
Ich selbst bin kein Fan von „Leben findet morgen statt“, genauso wenig von einem Wochenende zum nächsten mich zu hangeln. Vielleicht liegt es daran, dass ich im Pflegeberuf das Wochenende-Sein nie lernte, vielleicht weil ich ein „Scheidungskind“ bin mit „am Wochenende holt dich …“.
Es gilt, meine Lebenszeit ist jetzt und ich lernte schnell mit unserem schwer erkrankten Kind: Wenn mich die Pflege, die Schmerzkrisen und schweren Unruhephasen unseres Kindes belasten oder sogar auffressen: Es reicht nicht aus von einem Aufenthalt im Kinderhospiz zum nächsten hinzuleben.
Bei einer anhaltenden Pflege eines erkrankten und / oder behinderten Kindes braucht es im Alltag viele kleine Momente, die entlasten und Zeit zum Aufatmen geben.
Denn zu sagen, halte noch drei oder vier Wochen durch, dann kommt der Kinderhospiz-Aufenthalt, dann folgt die Entlastung. Das klingt toll, super. Doch und es kommt das „Aber“, was die Erfahrung lehrt:
Es steht und bleibt mit jedem Aufenthalt die Gefahr: Der Aufenthalt im Kinder- oder Jugendhospiz wird kurzfristig abgesagt, sodass keine entlastende Alternative gefunden werden kann. Die Zeit des Aufenthaltsausfalls kann sogar noch mehr Last aufbauen als der „normale“ Pflegealltag, weil es keine organisierte Pflegeunterstützung wie Pflegedienst oder weitere Angehörige gibt.
Startet der Aufenthalt im Kinderhospiz, so gibt es keine Garantie, wie gut die Entlastung im Kinderhospiz klappt. Klar, allein schon die „Auszeit“ im stationären Haus kann alltägliche Belastungen reduzieren. Wie gut ein Aufenthalt (und nachhaltig) entlastet, kann von mehreren Faktoren abhängen.
I. Wie ist die Pflege
Als Punkt eins gilt, wie gut ist die Pflege oder das Pflegepersonal aktuell im Kinderhospiz aufgestellt.
Jagt gerade die „Sommergrippe“ durchs stationäre Haus, dann kann die ansonsten gute Pflege auch beeinträchtigt sein. Oder es sind mehrere neuere Pflegefachkräfte vor Ort, die gerade die Spielregeln der Palliativ-Care kennenlernen und die Challenge „Kinderhospiz“ 1.
II. Wie viel muss ich für die Pflege leisten
Meine eigene Entlastung kann beeinträchtigt sein, wenn ich viel in der Pflege erklären und helfen muss oder das Personal selbst mit einarbeite.
Dieses ist unvermeidlich und es ist okay. Insbesondere, wenn wir länger nicht in dem Kinderhospiz waren oder eine neue Pflegefachkraft bei unserer Tochter ist.
Es ist auch okay und passt gut, wenn wir insgesamt während des Aufenthaltes somit Zeit für uns geschenkt bekommen, in dem unsere Tochter eine gute Pflege erfährt.
III. Kann ich mein Kind abgeben?
Vorweg: Wie gut ich mein Kind an die Pflegefachkräfte abgeben kann, sagt nichts über die Pflegequalität des Hauses aus.
Es ist ein emotionales „Ding“, das, was im Kopf tickt, was bei mir liegt.
Es gibt viele Tage, da kann ich unsere Tochter gut in professionelle Hände geben und an manchen Tag klappt dies nicht, auch zuhause. An diesen habe ich ein ungutes Gefühl.
Ich fühle mich unsicher, an manchen Tagen auch ein Mix mit Traurigkeit, weil ich glaube, irgendwas „brütet“ sie was aus oder sie rutscht in eine Krise, die ihr Leben beenden könnte.
Dies kann ich in dem Moment nicht in gute Worte kleiden, kann es nicht umfassend beschreiben. Es ist einfach so.
Ich weiß, es ist nicht vorteilhaft für die Profis und verlangt Professionalität von ihnen, dass sie es zum Beispiel nicht auf sich beziehen oder ihrer Arbeit.
IV. Andere Familien im Kinderhospiz
Eine Reise ins Kinderhospiz ist immer mit der Spannung verbunden, was für andere Familien, Mütter, Väter oder auch Großeltern sind mit vor Ort.
Für einen Aufenthalt brauche ich somit gute Gelassenheit und Offenheit gegenüber anderen Gästen. Es lässt sich leider nur selten vorhersehen, welche Familien mit uns gleichzeitig im stationären Haus sind.
Somit kann die eine oder andere Familie dabei sein, die einem nicht zusagt. Genauso wie im normalen „Urlaubsleben“, wenn man auf andere Gäste trifft am gleichen Ferienort.
Ist das Haus groß und das Wetter toll, dann kann ich den anderen gut aus den Weg gehen. Doch was ist bei schlechtem Wetter und kleinem Haus?
Hier kann es sehr eng werden. Dabei hilft mir gute Gelassenheit und bei schlechtem Wetter eine alternative Planung.
V. Eine andere Familie ist in der Krise
Fährt man regelmäßig wie wir ins Kinderhospiz, dann lernt man die eine oder andere Familie besser kennen. Es wachsen Kontakte, die über die Aufenthalte hinaus bestehen bleiben, auch dem Internet sei dank.
Unregelmäßig trifft man die eine oder andere Familie wieder. Dabei kann der eigene Aufenthalt auch belastet werden, wenn die befreundete Familie, deren erkranktes Kind, während des Aufenthaltes eine schwere Krise hat oder verstirbt.
Klar, die professionellen Mitarbeiter, ob die Seelsorge oder die Sozialpädagogische Begleitung, geben sich viel Mühe, um bestmöglich mit der Situation „leben zu lernen“ und damit ich einen guten Weg finde.
Klar ist mir auch, wenn solche Aufenthalte besonders herausfordern, so wachse ich persönlich daran. Doch Entlastung …
Vielleicht kennst Du noch andere Dinge, die dich daran hindern, Entlastung zu erfahren. Schreib Sie mir oder hinterlasse es als Kommentar.
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1 Im Kinderhospiz zu arbeiten sehe ich als einen attraktiven Arbeitsplatz für Pflegefachkräfte. Er zeigt nicht nur die Komplexität des Berufes auf, sondern beweist auch deren Umsetzung. Doch gilt auch hier, diese Attraktivität hängt auch von Arbeitsbedingungen der jeweiligen Träger der Kinderhospize ab.
Kinderhospiz ist “nur” ein Wort und es erschreckt viele. Es ist verbunden mit vielen Emotionen, Storys und Bildern. Dies besteht zu Recht, aber…
Kinderhospiz ist “nur” ein Wort und es erschreckt viele. Es ist verbunden mit vielen Emotionen, Storys und Bildern. Dies besteht zu Recht, aber auch bei mir mit Bauchschmerz.
Denn für mich ist das Wort Kinderhospiz gefüllt mit viel Lebendigkeit, trauriger wie lachender Erfahrungen, die den Wert unseres Lebens prüfen, Sinn gestalten und unsere Werte neu justierten / justieren. Ja, dies ist anstrengend und es erschreckt.
Doch erschreckt das Wort “Kinderhospiz” auch die Familien mit einem erkrankten Kind — vielleicht war es auch bei dir so -, welche gerade die Diagnose mit der Prognose bekam: “Ihre Tochter / ihr Sohn wird im Kindes‑, spätestens im Jugendalter versterben.”
Dein Kind ist lebensverkürzend erkrankt.
Was ist “ab der Diagnose”?
Viele Menschen bekommen häufig erst einen Namen für ihre Erkrankung, wenn die Krankheit “ausgereift” ist. Also wenn sich Symptome und gesundheitliche Probleme gebildet haben, die zusammen mit Blutuntersuchung und anderer Diagnostik ein Bild zeichnen, was in den schlauen Büchern der Mediziner einen Namen hat.
Bei Kindern lässt sich so manche Erkrankung früh bei den ersten “leichten” und unklaren Symptomen erkennen. Sei es, weil das Kind dann auf verschiedene Krankheiten getestet wird, zum Beispiel ein Gen- oder Stoffwechseltest.
Manch andere Erkrankung, wie einige Muskelerkrankungen, können entdeckt werden, weil das Kind Schritte der körperlichen Entwicklung nicht oder nur teilweise erreicht.
Ein/e erfahrene/r Mediziner/in, welche die eine oder andere schwere Krankheit kennt, erfährt dabei schnell eine “Art” Ahnung, wenn sie von “leichten” Problemen des Kindes hört und prüft dies dann.
Es sind also bei einigen Erkrankungen die ersten “kleinen” Symptome, die den Beginn einer schweren Erkrankung markieren.
Es sind die ersten Wochen und Monate einer “kommenden” Erkrankung.
Erhält das Kind in dieser Phase eine Diagnose — die Krankheit erhält einen Namen — aber sie bereitet sonst kaum Probleme, sie ist zu dem Zeitpunkt weder lebensbedrohlich oder erfordert spezielle Pflege — hier sprechen viele dann von “ab der Diagnose”.
Für die Kinderhospize und den Diensten gilt: Ihre Arbeit, ihr Angebot an die Familie beginnt “ab der Diagnose”.
An der Diagnose bricht die Welt zusammen
Viele Familien, wenn allein schon der Verdacht einer schweren Erkrankung geäußert wird, fallen in eine Starre.
Ihre Lebensplanung mit ihrem Kind, die Träume und Wünsche, die sie für ihr Kind erlebten, zerfallen. Einfach so.
Es zerfällt alles in kleine Stücke, verschwindet in einem Nebel und eine traurige Schwere breitet sich aus. Manche sagen, ihnen wurde der Boden unter den Füßen weggezogen.
Bestätigt sich die Diagnose nicht. Es ist zum Beispiel nur eine verlangsamte Entwicklung, dann können diese Familien wieder aufatmen und den Schock um das Wohl ihrs Kindes hinter sich lassen.
Doch bei den anderen, so wie bei uns, gibt es kein “lasse den Schock hinter dir”. Der Boden, auf dem man stand, ist weg für immer und die Füße sind so schwer als wären sie aus Blei.
Einige Familien finden schnell wieder einen Weg, wie sie mit dem “neuen Leben” klar kommen können. Andere brauchen länger, schaffen es erst nach Jahren, einen sicheren Stand auf den neuen Boden zu erhalten.
Dabei gilt: Hier gibt es kein besser oder schlechter. Es gibt dabei kein richtig oder falsch. Jeder Weg der Familie, der Mutter, des Vaters, des erkrankten Kindes oder Geschwister ist für sich der richtige.
Denn die Diagnose einer schweren Erkrankung eröffnet eine Trauer um das, was vorher war, um das, was für das Leben wichtig war, die Träume und Wünsche, die jetzt verloren sind.
Jede Trauer ist so einzigartig und bunt, wie auch die Menschen bunt und verschieden sind.
Begleitung mit der Trauer zum Leben
Doch sind wir Menschen soziale Wesen, weshalb eine Trauer, die neuen Schritte im “nächsten”, jetzigen Leben leichter werden können, wenn wir uns anderen mitteilen können. Wenn wir dabei unterstützt und begleitet werden, soweit wir es brauchen und für uns wollen.
Es ist ein gewichtiger Grund, warum die Kinderhospize und Kinderhospizdienste hier für die Familien ab der Diagnose da sind, ihre Türen öffnen und die Familien “einladen”.
Sie sind also auch für die Familien da, wenn das Kind erst leicht erkrankt wirkt und das, was das Leben verkürzt, noch in weiter Ferne weilt. Dabei funktioniert vieles im Alltag wie bei jeder anderen Familie auch. Dies ist auch gut so.
Die Kinderhospize sind für die Familien da — es ist ein Angebot für die Familie. Nicht mehr und nicht weniger. Es liegt bei euch als Familie, bei dir als Mutter oder Vater, ob ihr oder ab wann ihr dieses Angebot, die offenen, stützenden Hände, annehmen wollt oder nicht.
Da gibt es auch kein richtig oder falsch. Manch einer nimmt schon früh die Unterstützung der Kinderhospize und/oder den ambulanten Dienste an. Manch anderer merkt bei den ersten Kontakten: “Das ist nichts für uns als Familie” und verabschiedet sich vom Kinderhospiz.
Wenn es klappt, dann wissen diese Familien auch, dass sie jederzeit wieder die Kinderhospize kontaktieren können.
Der Aufenthalt im Kinderhospiz fast ab Diagnose
Wir als Familie besuchen für unsere Entlastung seit über 12 Jahre die Kinder- und Jugendhospize.
Die Erkrankung unserer Tochter war schon ab dem ersten Lebensjahr äußerst aufwändig. Doch in die Kinderhospize kamen wir erst drei Jahre später.
Zuerst kannten wir dieses Angebot nicht. Dann hörten wir davon und ich erschrak. Ist es wirklich was für uns? Und ich las und hörte von mehreren Familien, dass sie dort zur Entlastung hinfahren.
Dann packten wir allen Mut zusammen und machten uns auf die Reise ins Kinderhospiz.
Die Pflegeentlastung der Häuser war für uns sofort der Pluspunkt geworden. Es ist der Hauptgrund, warum wir bis heute die Häuser aufsuchen. Und die Aufenthalte sind für uns sehr wichtig geworden, um wieder gut zu uns selbst finden zu können, um neue Kraft zu tanken für unseren weiteren Lebensweg.
Es gibt Familien, die fahren seltener als wir ins Kinderhospiz. Andere Familien häufiger. Es gibt auch hier kein richtig oder falsch, wenn es mit dem Entlastungs- und Unterstützungsbedarf der Familie übereinstimmt.
Genauso ist es okay, wenn eine Familie erst dann ins Kinderhospiz fährt, wenn die Erkrankung schwer geworden ist und sie Entlastung von der Pflege brauchen.
Genauso ist es okay, wenn eine andere Familie schon in den “ersten Jahren der Erkrankung” ins Kinderhospiz fährt, da sie Zeit braucht für gute Gespräche über das Kind, ihre Lebensplanung oder auch “einfach um Zeit” für sich zu erhalten, um einmal ein paar Tage tief durchatmen zu können und auf andere Gedanken außerhalb des Alltags zu kommen.
Keine Diagnose — ab ins Kinderhospiz
So wie es für einige Familien sehr “früh”, bei den ersten Symptomen, eine Diagnose gibt, kann bei anderen Kindern keine Diagnose gestellt werden. Jeder weiß nur, es ist erkrankt.
Ich persönlich weiß hier immer noch nicht, was ist besser, eine Diagnose über die Krankheit des Kindes zu haben oder keine. Ich weiß nur, eine Diagnose beeinflusste mich, wenn wir über Therapien verhandeln. Die schlechte Prognose “lebensverkürzend” schwebt als Gedanke immer mit.
Ohne Diagnose ins Kinderhospiz ist wiederum auch ein schwieriges Thema, weil die Kostenträger oder die Gutachter es “genau” wissen wollen. Ohne Diagnose habe ich keine Prognose oder nur eine sehr unsichere.
Ich empfehle trotzdem den Familien, wenn sie den Eindruck erleben, die Krankheit wird schlechter, das Kind baut weiter ab, sich einem Kinderhospiz oder Kinderhospizdienst vorzustellen. Einfach mal ins Gespräch kommen.
Dies auch, wenn die Erkrankung lebensbedrohlich ist.
Nicht die gleiche Meinung mit meiner Partnerin zu teilen, da kann plötzlich einen Pflegefehler den nächsten jagen. Kennst Du es auch? Dein Kind…
Nicht die gleiche Meinung mit meiner Partnerin zu teilen, da kann plötzlich einen Pflegefehler den nächsten jagen.
Kennst Du es auch? Dein Kind hat eine schwere Krise, Ihr als Elternpaar fahrt es in die Klinik und der Arzt kommt, fragt Euch aus und Ihr redet beide darauf los. Ihr widersprecht Euch, meint, diese oder jene sei gemacht worden.
Der Arzt will es genauer wissen, doch ihr seit mitten drin. Du meinst, gegen Fieber hilft immer Paracetamol, dein/e PartnerIn sagt, es sei das Ibuprofen, was immer …
Stopp!
Es ist wichtig und es gut, wenn Ihr beide, Mutter und Vater, nah an der Behandlung und Pflege Eures schwer erkrankten Kindes dran seit und zusammen darüber entscheidet.
Eltern tragen eine Meinung im Kinderhospiz
Doch meine Erfahrung erzählt mir auch, sei es im Kinderhospiz oder beim ambulanten Intensivpflegedienst: Wenn jedes Elternteil etwas anderes über die Pflege des Kindes den Pflegefachkräften erzählt, verwirrt es diese nur.
Die Pflegefachkräfte wissen nicht, was ist richtig, was ist falsch. Wie soll das Kind richtig, im Sinne der Eltern, gepflegt werden.
Einige Pflegekräfte spiegeln die fehlende Einheit der Eltern wider: „Ihr Mann hat dies mir aber so erklärt. Bitte besprechen Sie es zuerst mit ihm. Wenn Sie dann einig sind …“
Aber nicht alle Pflegekräfte sind so taff.
Herausfordernd wird eine fehlende Einigkeit der Eltern besonders im Notfallplan — also dem Plan, welcher benennt, wie ein Notfall aussieht (Beschreibung) und wie gehandelt werden soll.
Seit ihr hier als Eltern uneins — dies verunsichert die Pflegefachkräfte, denn hier sollte „automatisch“ nach einem Algorithmus gearbeitet werden und egal wer als Elternteil mit beim Kind dabei ist: Es ist kein Platz für Diskussionen.
Stellt Euch vor, Ihr habt eine Panne mit dem Auto und jeder der Fahrgäste sagt etwas anderes, was zu machen sei. Da kann es schwierig werden, einen Lösungsweg zu finden.
Wähle den Familiensprecher
Für Abhilfe kann hier die Wahl eines Familiensprechers sein. Dies ist keine neue Idee. Ich hatte es einmal über einen Altenpfleger kennengelernt.
Die / der FamiliensprecherIn, sei es die Mutter, sei es der Vater — über diesen, nur über ihr / ihm, laufen alle Fragen des Kinderhospizes zur Pflege und Therapie des Kindes.
Sie oder er ist das Bindeglied zwischen der Familie und dem Team vom Kinderhospiz oder ambulanten Pflegedienst.
Praktisch sieht es so aus:
Dem Pflegeteam wird die / der Familiensprecherin mitgeteilt — über ihm laufen alle therapeutische / pflegerische Fragen vom Team und den Ärzten zusammen.
Sind beide Elternteile im Gespräch dabei, hat das Rederecht der Familiensprecher.
Müssen die Eltern eine Entscheidung treffen, dann bitten sie um eine Bedenkzeit, um es untereinander zu klären (außer im Notfall, sollte dies immer möglich sein).
Um im Notfall keine Diskussionen zu erleben, sollten alle Notfälle / Krisen erfasst und geklärt werden (ich weiß, es nicht einfach — bedenke hier, es ist jederzeit eine Änderung „des Fahrplanes“ möglich).
Die Mutter ist doch zuständig
In vielen Familien pflegt die Mutter das lebensverkürzt erkrankte Kind. Dies ergibt sich zum Beispiel aus der traditionellen Rollenteilung, die in vielen Familien noch gelebt wird oder gelebt werden muss (Ehemann bekommt mehr Lohn als seine Frau im Job).
Doch, nur als Tipp, kann auch der Vater hier den Part des Familiensprechers im Kinderhospiz oder gegenüber dem Intensivpflegedienst übernehmen.
Durch seinen Abstand von der Pflege kann es möglich werden, die eine oder andere Frage strukturierter zu erfassen und kritisch Rückfragen stellen: Um was geht hier „wirklich“?
Auch gibt es ihm einen Raum zurück bei der Versorgung seines erkrankten Kindes mitzuwirken, das Familienleben zu gestalten. Dadurch kann beiden Elternteilen wieder ein Gemeinsam bewusst werden, wenn es um das schwer erkrankte Kind geht.
Dies wäre für die eine oder andere Beziehung eine Chance: Das Paar kann dadurch wieder enger zueinander wachsen — es ist gleichzeitig Beziehungspflege.
Du bist am Limit. Hast, wenn Du ehrlich bist mit Dir, die tägliche Pflege über. In Dir streikt es, willst irgendwie durchhalten und…
Du bist am Limit. Hast, wenn Du ehrlich bist mit Dir, die tägliche Pflege über. In Dir streikt es, willst irgendwie durchhalten und doch überlegst Du, ob Deine nächste Reise auch ins Kinderhospiz gehen sollte.
Aus meiner Erfahrung mit 15 Jahren Pflege zu Hause: Der Pflege auch überdrüssig zu werden, sie abzuwehren: Es ist normal. Es ist auch normal, wenn Dich das Kinderhospiz, allein schon das Wort, erschreckt.
Wenn mir das Ganze rund um die Pflege bis zum Hals steht, ich kaum noch atmen kann, dann weiß ich: Ich brauche eine Auszeit. Ich brauche Entlastung. Doch unser Dilemma ist:
Die Pflege vom Kind muss abgesichert sein, wenn ich ins “Aus”, in die Pause gehe.
Durch den Pflegefachkräftemangel gibt es wiederholt offene Pflegestunden beim Kind, die ich abdecken muss, sonst müsste es in die Klinik
Auch wenn ich 24 Stunden täglich Pflegekräfte vor Ort hätte, müsste ich trotzdem präsent sein, weil die schwere Erkrankung komplex ist.
Was bleibt da anderes als ein Entlastungsaufenthalt im Kinderhospiz, denn eine Kur oder ein Urlaub, dies können andere und ich unter diesen Bedingungen vergessen.
Und, unter uns, das Kinder- und Jugendhospiz ist der richtige Ort für unsere schwer erkrankten Kindern. Lass Dich vom Vorurteil zum Namen “Hospiz” nicht täuschen.
Also bist Du bereit fürs Kinder- und Jugendhospiz? Im Teil 1 hatte ich schon die ersten Punkte für eine “Reisevorbereitung” benannt. Jetzt folgen die nächsten.
Du kennst Teil 1 nicht — lese ihn am besten vorher.
4. Bist Du bereit für schwierige Momente
Wir hatten die Offenheit im ersten Teil angesprochen, die wir brauchen, damit der Aufenthalt im Kinderhospiz entlastet.
Zu dieser Offenheit verbindet sich auch bereit zu sein, dass es im Kinder- und Jugendhospiz schwierige Erfahrung geben kann, die uns auf andere Art belasten oder emotional anstrengen können. Wenn zum Beispiel ein anderes Kind stirbt oder wenn ein Kind dauerhaft hoch fiebert und keiner kann die Frage beantworten: Wie endet diese schwierige Krise?
Es braucht Offenheit, denn wir sind in dem Haus, dem Kinderhospiz nicht allein. Wir treffen die Eltern der anderen beim gemeinsamen Essen. Wir treffen die eine oder andere Pflegefachkraft, die selbst, trotz aller Profession, angespannt wirkt.
Auch wenn ich keine Nähe zu der Familie hatte, wo das Kind gestorben ist, berührte es mich. Es macht mit mir etwas.
Ich kann nicht sagen, ob ich mich darauf vorbereiten konnte. Mir halfen dann die Gespräche mit dem Hauspersonal, sei es eine einzelne Pflegefachkraft oder jemand von der Seelsorge. Aus meiner Erfahrung war immer jemand da, wenn ich hätte reden wollen.
Ich weiß auch, wenn wir ins Kinderhospiz fahren, ich bereit bin dort schwierige Momente zu erleben. Ich weiß dabei, dass viele dieser Erfahrungen in der Nachsicht mich positiv getragen haben, das ich daran gewachsen bin.
Ich weiß auch, wenn es mir zu nah wurde, dass ich auch auf Distanz gehen konnte. Gut ist dabei, dies auch dem Personal mitzuteilen.
5. Bist Du bereit andere im Kinderhospiz einzuarbeiten
Wenn Du ins Kinderhospiz fährst, ist es okay, ob Du Dich den anderen Familien vor Ort öffnest oder nicht. Klar sein sollte Dir: Damit das Pflegefachpersonal Dein erkranktes Kind gut versorgten kann, braucht es eine Einarbeitung von Dir für die Pflege.
Okay, Du hast zu Hause einen Pflegedienst und der hat einen Pflege-Überleitungsbogen geschrieben fürs Kinderhospiz. Warum solltest Du die Pflegekräfte einarbeiten? Es sind dort ausgebildete Pflegefachkräfte, die teilweise spezialisiert weiter gebildet sind wie in der Palliativ-Care oder der Intensivpflege.
Stopp!
Es mag gut sein und wir können oder dürfen von einem Pflegebetrieb erwarten, dass er die ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen grundlegend versorgen kann.
Den Fokus setze ich hier auf „grundlegend“. Mehr erwarten kann ich nicht — denn zum einen haben viele der schwer erkrankten Kindern eine seltene, häufig unbekannte, Erkrankung mit verschiedensten komplexen Erscheinungen. Dazu hat jede chronische Erkrankung immer eine individuelle Ausprägung. Diese Individualität ist bedeutsam. Denn wird sie nicht beachtet, kann sich der Krankheitsverlauf verschlechternd.
Ohne eine Einarbeitung in den individuellen Pflegeplan Deines Kindes bedeutet es schnell, dass die Pflegefachkräfte ausprobieren müssen, was richtig und falsch ist, um den Pflegeplan selbst zu erarbeiten. Die Pflegefachkräfte kommen nicht drumherum, ob sie es wollen oder nicht, Fehler zu machen.
Besser, auch für die Lebensqualität Deines Kindes, ist eine Einarbeitung der Fachkräfte von Dir in den Pflegeplan. Weiterhin sorgt dies auch dafür, dass Du als Mutter oder Vater mit gutem Gefühl Euer Kind schneller der Pflege überlassen könnt.
Dazu bekommst Du einen Schatz: Über die Einarbeitung erfährst Du schnell wie die Pflege im Kinderhospiz „tickt“. Also auf was setzen sie den Fokus in der Pflege, welche Arbeitsphilosophie leben sie, welches Pflegemodell wirkt in die Arbeit.
6. Bist Du bereit im Kinderhospiz mit bei der Pflege anzupacken
Ob Zuhause, im Krankenhaus oder im Kinderhospiz. Überall wirkt der Pflegenotstand.
In den Häusern zeigt sich, von Kinderhospiz zu Kinderhospiz, ein unterschiedliches Bild. Aber Pflegenotstand bedeutet, auch wenn ein Pflegeanbieter alles Stellen „vermeintlich“ besetzt hat, kann die Pflege trotzdem einen Mangel haben, zum Beispiel:
Fluktuation: Die offenen Stellen sind erst kürzlich besetzt worden, ein Teil des Personals wird erst eingearbeitet oder arbeitet sich ein.
Wenn Stellen erst kürzlich besetzt wurden, kann es an Personal mit guten Weiterbildungen fehlen.
Die Stellen wurden mit „Ersatzkräften“ besetzt, die jetzt nicht die Krankenpflege-Ausbildung haben, somit weiterhin im Lernprozess sind und auf ihre Kollegen im Dienst wegen Fachfragen zurückgreifen müssen. Dies bindet Zeit.
Dadurch und eventuell durch akuten Personalausfall kann es passieren, so unsere Erfahrung, dass wir in der Pflege mit ausgeholfen haben. Sprich, wir haben unser Kind wenige Stunden bis maximal eine Schicht selbst versorgt.
Da half kein Jammern, sondern vor dem Aufenthalt im Kinderhospiz zu entscheiden: Gehe ich diese Bedingung ein, ja oder nein?
Viel schwieriger, so hörte ich es auch von anderen Eltern, ist es, wenn die Pflegefachkräfte sich zwar bemühen, doch die Pflege des Kindes hier und dort scheitert.
Dies kann verschiedene Gründe haben, bei dem ich mit Schuldfragen nicht weiter kam. Sie verbrauchen Energie und hemmen eher den klaren Weg, den es dann herzustellen gilt: Liebe Pflegekräfte, wir Eltern verstehen uns zusammen mit Ihnen als ein Team, als eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Sprechen Sie mit uns, wenn sie merken, hier passt was nicht, hier in der Pflege gibt es Fragen, hier brauchen wir von den Eltern Unterstützung. Nur so gewinnen wir auch ein Vertrauen zueinander und erleben eine gute Zeit miteinander.
Und zum Schluss
Sicherlich, es gibt noch mehr Feinheiten und falls Du noch nie im Kinderhospiz warst — frage das nächste stationäre Haus in Deiner Nähe an und nutze die Chance vor dem ersten Aufenthalt, das Haus erst mal kennenzulernen. Alle Häuser, die ich kenne, bieten den Eltern dies an. Passt es, dann schaue sofort, wann Ihr dort zur Entlastung aufgenommen werden könnt.
Hast Du noch Fragen? Oder warst Du schon im Kinderhospiz und es war anders. Schreib mir oder hinterlasse einen Kommentar dazu.
Familien, die ins Kinderhospiz fahren, die laufen echt am Limit, da geht gar nichts, nichts mehr Zuhause. Vermutlich sind es die letzten Lebenstage…
Familien, die ins Kinderhospiz fahren, die laufen echt am Limit, da geht gar nichts, nichts mehr Zuhause. Vermutlich sind es die letzten Lebenstage vom Kind.
Stopp!
Wenn wir uns als Familie aufmachen ins stationäre Kinderhospiz, dann sind wir zwar angespannt, fühlen uns kraftlos. Die tägliche Pflege zu Hause zeichnet unsere Wachheit zur Müdigkeit. Wenn es blöd läuft, dann geben wir weniger auf den anderen oder auf uns selbst acht.
Doch sind es nicht die letzten Lebenstage vom Kind1.
Wir sind zur Entlastung im Kinderhospiz und wenn es gut läuft, fahren wir mit guter Wachheit, einem Lächeln und einem Plus Achtsamkeit gegenüber uns und anderen wieder nach Hause.
Doch was braucht es, damit ein Aufenthalt im Kinderhospiz klappt?
Sechs Dinge, für die Du unbedingt bereit sein solltest, um auf den Aufenthalt gut vorbereitet zu sein.
1. Bist Du bereit für die Entlastung im Kinderhospiz
Um die „Prophezeiung“ eines Pflegeentlastungs-Aufenthalt zu erfüllen, ist deine Erwartung an Dir selbst wichtig:
Sei bereit die Last der Pflege dem Kinderhospiz abzugeben. Sei bereit Anspannung in Dir loszulassen.
Das klingt einfach und doch ist es dies nicht. Zumeist brauchen viele Menschen, um sich von den ganzen Ballast des Pflegealltags zu befreien, erstmal einen Zugang zu sich selbst.
Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz, wenn ich es als Bild setze. Die Last, der gesamte Ballast in unserem Leben, ist wie ein schwerer, trauriger und dunkler Baum, der seine langen Wurzeln durch all unser Erleben gezogen hat.
Auch durch unsere Selbstwahrnehmung und den Zugang zu uns selbst.
Die Wurzeln blockieren uns wie Schranken in unserem Weg zu uns selbst. Doch es gilt: Sei bereit für die Entlastung. Dann ziehen sich die Wurzeln zurück und je mehr Du etwas für Dich gestaltest, Du Dich in den Arm nimmst, je mehr verkümmert der Baum.
2. Bist Du bereit, dich im Kinderhospiz zu öffnen
Eine Reise ins Kinderhospiz setzt voraus, dass Du bereit bist andere, neue oder fremde Menschen zu treffen. Fremde Menschen, die Dir dort in dem Alltag helfen wollen, die Dein erkranktes Kind pflegen wollen.
Damit diese Menschen, seien es die Pflegefachkräfte, die Sozialarbeit oder die Hauswirtschaft, bestmöglich für dich und deine Familie sorgen können, braucht es Deine Offenheit ihnen gegenüber.
Sei somit offen für neue Erfahrungen. Sei offen dafür, dass Pflegefachkräfte wissen wollen, wie Du Dein Kind versorgst. Sei offen dafür, dass andere Eltern vor Ort Euren Lebensweg kennenlernen wollen.
Ich weiß, hier kann ein Hemmnis, eine Schwere liegen, die Fenster und Türen deines Selbst gegenüber anderen zu öffnen, sie hineinzubitten. Denn dafür braucht es wiederum einen guten Zugang zu dir selbst.
Doch probiere es, denn nur so können die schweren, tiefen Wurzeln des dunklen Baumes, der deine Lebenslast erschwert, zurückgehen. So kannst du wieder einen Schritt nach vorne gehen, um dich wohler zu fühlen und neue Kraft zu schöpfen.
3. Bist Du bereit, die Leere zu ertragen
Mitten im Aufenthalt im Kinderhospiz kann es passieren, dass Du plötzlich Langeweile hast oder Dich leer und erschöpft fühlst. Dies ist nicht nur mir so ergangen, sondern auch anderen, mit denen ich darüber sprach.
Ich nehme es als ein Marker, Du kannst auch Symptom sagen, für den Start der Entlastung. Den Begriff Entlastung selbst kann ich, wie auch andere, nicht fühlen. Er ist abstrakt und er beschreibt etwas „Großes“ mit vielen Eigenschaften.
Wie fühlt sich Entlastung an, wäre die Frage. Es sind damit viele Gefühle verbunden, wie frei sein, leer oder auch alles, was sich versteckt unter: Ich bin erschöpft.
Die Last der täglichen Pflege Zuhause spüren viele pflegende Eltern oder Angehörige nicht eindeutig, wenn sie mitten drin sind. So auch meine Erfahrung.
Aus meiner Sicht wirken hier noch andere Dinge auf einem ein wie Pflichtgefühl, Verantwortung oder Erwartungen der Gesellschaft, der Wunsch geliebt zu werden.
Schwierig ist dies, wenn sich zu dieser Last noch Überforderung mit „dieser“ Pflege gesellt, die Gewalt in der Pflege „erzeugen“ kann.
Es ist eine logische Konsequenz, dass pflegende Angehörige wie auch Eltern erkrankter Kinder psychische oder psychosomatische Probleme entwickeln können.
Wenn wir zu Hause durch die tägliche Pflege ständig unseren „inneren“ Motor auf Höchstleistung touren und wir plötzlich im Kinderhospiz diesen Motor auf Leerlauf stellen, dann packt uns diese Leere.
Wir müssen plötzlich nichts mehr schleppen.
Dann erleben wir, wie ausgebrannt der Motor ist, weil wir gar nichts mehr schaffen. Viele erleben dann ein erhöhtes Schlafbedürfnis. Vielleicht um den Motor zu pflegen, neu zu schmieren.
Es ist nichts anderes.
Kommt diese Leere, dann trage sie als ein Geschenk, was dir zeigt: Aber hallo, es ist höchste Zeit mal ein paar Gänge runter zu schalten.
Fußnote: 1. Auch wenn wir es nie wissen, denn laut der Erkrankung kann eine spontane Krise schnell tödlich enden ↩
Es zerreißt die Familie mit dem Intensivpflegegesetz Die Kinderhospizarbeit begleitet das Leben der Familien 5 Dinge, welche die Entlastung im Kinderhospiz begleiten Lebensbedrohlich erkrankt und doch Kinderhospiz. Was? — Ins Kinderhospiz ab der Diagnose