Dein Kind ist beatmet, dann ab ins Heim mit ihm. So zumindest ist die Quintessenz für viele Betroffene eines Gesetzentwurfes zur Intensivpflege. Ob…
Dein Kind ist beatmet, dann ab ins Heim mit ihm. So zumindest ist die Quintessenz für viele Betroffene eines Gesetzentwurfes zur Intensivpflege. Ob es andere Vorteile bringt, tritt dabei in den Hintergrund.
Viele von euch haben es gelesen oder gehört oder sogar eine Petition zu diesem Thema unterzeichnet: Es gibt einen Referentenentwurf für ein neues Gesetz zur außerklinischen Intensivpflege.
Auch bei mir sorgt es für Bauchschmerzen. Aber gibt es denn dafür auch ein Pro?
Das Angebot der Kinderhospize und Kinderhospizdienste ist für die Familien mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind zugeschnitten. Damit sich also diese Türen „öffnen“, braucht…
Das Angebot der Kinderhospize und Kinderhospizdienste ist für die Familien mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind zugeschnitten.
Damit sich also diese Türen „öffnen“, braucht es diese Prognose. Doch ist diese, lebensverkürzend erkrankt, von sich aus nicht immer klar.
Zum einen lässt es sich nicht immer aus den „platten“ Diagnosen eines Kindes ableiten, zum anderen gibt es Kinder und Jugendliche, die keine Hauptdiagnose erhalten haben, aber es ein abbauendes Geschehen, eine Verschlechterung der Krankheit beobachtet werden kann.
Als dritte Gruppe würde ich noch die „rein“ lebensbedrohlich erkrankten Kinder und Jugendlichen sehen.
Damit steht die Frage, ist die Kinderhospizarbeit auch für lebensbedrohliche Erkrankungen da?
Aus meiner beruflichen Perspektive als Koordinator für einen Kinderhospizdienst gebe ich dem ein Ja.
Was ist eine lebensbedrohliche Erkrankung?
Um dies zu beantworten, schaue ich in die Richtlinie für häusliche Krankenpflege, den hier kann ich es aus dem Punkt 24. Krankenbeobachtung, spezielle gut ableiten vom Text:
Denn die spezielle Krankenbeobachtung ist verordnungsfähig, wenn:
“wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich ist und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können …” (aufgerufen am 25.07.19)
Anders ausgedrückt: Eine Erkrankung, die lebensbedrohlich wird, erzeugt so starke gesundheitliche Probleme, dass das Leben bedroht ist, wenn nicht sofort eine medizinische und/oder pflegerische Hilfe durch geführt wird (Intervention). Als besonderes Merkmal gilt hier noch: Zu diesen gesundheitlichen Problemen kann es täglich kommen, aber der Zeitpunkt ist nicht vorhersehbar sowie auch nicht das Ausmaß der gesundheitlichen Störung.
Hier ein paar Beispiele:
therapieresistente Epilepsie mit täglichen Anfällen, deren Ausmaß nicht vorhersehbar ist
eine schwere Schluckstörung, wobei wiederholt Material (Sekret, Nahrung) aus dem Mund und Rachen in die Luftröhre eventuell bis in die Bronchien / Lunge gelangen
Luftröhrenschnitt / Tracheostoma mit ständigen Sekretansammlungen in der Luftröhre, die nicht abgehustet werden können
Beatmung
schwere Herzerkrankungen, wobei zu jederzeit die Arbeit des Herzens muskulär oder im Rhythmus versagen kann und der Körper nicht mehr ausreichend frischen Blut versorgt werden kann.
Hinweis: Diese Liste ist nicht abschließend und beurteilt nicht, ob eine Erkrankung oder Symptome einer Erkrankung lebensbedrohlich sind. Dies ist ärztliche Aufgabe und kann hier nicht beantwortet werden. Die Aufzählung dient nur der Verdeutlichung.
Kinderhospiz und lebensbedrohlich
Warum ist eine Erkrankung, die „nur“ lebensbedrohlich ist, auch ein Thema für die Kinderhospize und Kinderhospizdienste?
Aus meiner Erfahrung heraus sind die Familien (Eltern, Geschwister oder Großeltern) auch täglich mit der Frage des kommenden Todes konfrontiert und dies sogar sehr herausfordernd.
Einige Eltern erleben dabei sehr häufig, wenn sie die intensive Pflege ihres Kindes übernehmen, Angst.
Angst und Unsicherheit, dass ein falscher Handgriff am Kind oder ein „zu Spät“ sein das Leben schwer bedroht. Schlimmstenfalls weitere gesundheitliche Probleme erzeugt, welche sogar den Tod bedeuten können.
Mit dieser Last müssen viele Familien leben lernen und auch mit der Nicht-Vorhersehbarkeit, es kann jederzeit zu einer schweren gesundheitlichen Krise kommen, bei der keine medizinische oder pflegerische Maßnahme mehr hilft, zum Beispiel
ein anhaltender epileptischer Anfall mit Atemstörungen, welcher einen Sauerstoffmangel erzeugt,
eine Schluckstörung ist so mächtig, dass es eine schwere Lungenentzündung folgt oder
das Herz eines Herzkindes versagt seiner Aufgabe.
Wie gesagt, bei solchen Geschehnissen können alle Beteiligte, ob Eltern oder Ärzte wie auch Pflegefachkräfte machtlos sein.
Damit sind, im weitesten Sinne, diese Kinder und Jugendliche auch lebensverkürzend erkrankt, auch wenn es keine Statistik darüber gibt, wie lange ein junger Mensch mit schweren, lebensbedrohlichen Krisen im Schnitt lebt oder die Grunderkrankung „allein“ das Leben nicht verkürzen würde.
Doch die Gewissheit, jeden Tag könnte mein Kind versterben, zerstört auch bei diesen Familien die gesamte Lebensplanung und setzt emotionale Krisen.
Der philosophische Leitspruch: Lebe jeden Tag so, als könnte es dein letzter Tag sein. Dies mag auf dem ersten Blick gut und hilfreich klingen, doch meiner Erfahrung nach wird es schwierig, wenn es sich Jahre über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinzieht.
Denn diesen Leitspruch erlebte ich selbst dabei als hemmend, indem er zu präsent wurde ( unsere Tochter ist sowohl lebensverkürzend als auch lebensbedrohlich erkrankt).
Der Leitspruch hat sein Recht, wenn ich schaue und prüfen will, was ist in meinen Leben wirklich wichtig.
Doch verhinderte er bei mir wieder eine Lebensplanung aufzunehmen, selbst eine kurzfristige Planung, was in den nächsten drei Monate sein darf.
Vielleicht habe ich diesen Satz auch falsch „angefasst“ — dies ist aber ein anderes Thema.
Daher gilt für mich: Es ist äußerst schwierig, eine Lebensplanung zu finden und zu festigen, wenn diese jeden Tag wissentlich umgeworfen werden kann durch eine schwere gesundheitliche Krise oder sogar den „plötzlichen“ Tod des eigenen Kindes.
Wir sind ständig in einer instabilen stabilen Lebenssituation.
Es ist dazu nie vorhersehbar, wie wir auf den Tod unserer Tochter reagieren werden, wie bei anderen Familien die Trauer über ihr Kind verlaufen wird.
Somit ist hier die Kinderhospizarbeit gefragt, diese Familien mit „rein“ lebensbedrohlich erkrankten Kindern zu unterstützen und diese zu entlasten.
Weil, wie gesagt, eine lebensbedrohliche Erkrankung das Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit verkürzen kann.
Wie ergeht es dir damit? Ist dein Kind schwer erkrankt und planst du weit in die Zukunft?
Die „Kinderhospiz und Palliativszene“ wächst und wird größer. Vielleicht liegt es daran, dass ich älter werde. Vielleicht, doch erlebe ich, dass, was Kinderhospize…
Die „Kinderhospiz und Palliativszene“ wächst und wird größer. Vielleicht liegt es daran, dass ich älter werde. Vielleicht, doch erlebe ich, dass, was Kinderhospize leisten und für welche Menschen & Familien sie angetreten, spricht sich rum.
Zum Beispiel werden Kinderhospize als Einrichtung für die Entlastung ist heute viel stärker bei dem Ärztepersonal und Pflegefachkräften bekannt, so mein Eindruck.
Gleichzeitig wächst die Literatur rund um die Themen der Kinderhospizarbeit. Es wird thematisch in Filmen verarbeitet und jetzt, dieses Jahr wurde von der Kinder-Palliativ-Landesstelle Baden-Württemberg ein Podcast gestartet: Wegbegleiter.
Ich finde diese Idee für den Podcast spannend, insbesondere wie dieser angenommen wird. Um meiner Neugier zu befrieden, habe ich die Autorin des Podcasts, Frau Anna Lammer von der Landesstelle interviewt. Lest selbst:
Frage: Die „Kinderhospiz- und ‑palliativbewegung“ ist wie das Internet jung. Im Netz haben sich verschiedene Angebote entwickelt, wobei viele Dienste und Kinderhospize ihre Familien direkt betreuen. Ein Podcast für die betroffene Familie hatte ich bisher nicht entdeckt. Wie ist die Idee des Podcasts entstanden?
Wir haben viel darüber nachgedacht, wie wir von der Landesstelle Baden-Württemberg (BW) Palliative Care Kinder (www.kinder-palliativ-landesstelle.de) ein Angebot ins Leben rufen können, das sich an den tatsächlichen Bedarfen von Eltern mit einem schwer kranken Kind orientiert und einen Mehrwert schafft. Es war ein spannender Prozess bis unser Wegbegleiter geboren wurde. Doch plötzlich war es ganz einfach und klar: Wir machen einen Podcast für Familien mit einem schwer kranken Kind.
Ein Format, in dem Familien ihre Geschichte erzählen. Sie berichten offen von ihrem Alltag, den Höhen und Tiefen, den Hürden und Kämpfen und ihrem ganz individuellen Weg im Umgang mit der schweren Erkrankung und Behinderung. Die Themen und Gäste sind bunt und vielfältig – wie die Geschichten und Lebenswege der einzelnen Familien.
Wir laden Interviewgäste ins offene (Online-) Gespräch ein. Zu Gast sind betroffene Eltern, Geschwister von schwer kranken oder behinderten Kindern, Themenexperten und Fachkräfte aus dem Pflege‑, Hospiz- und Palliative-Care-Bereich.
Betroffene Eltern erhalten darin themenrelevante Impulse, Informationen und Angebote für sich und ihre Familie.
Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, wie wir das Tabuthema „lebensverkürzend erkrankte Kinder“ brechen und Familien eine Stimme geben können. Und ich glaube, dass der Podcast Wegbegleiter genau diese Möglichkeit bietet.
Frage: Der Podcast kann direkt über Ihre Webseite bezogen werden. Gibt es weitere Quellen wie iTunes oder Spotify, wo Ihr mit dem Podcast gelistet seid?
Ja, klar! Wegbegleiter ist auch auf Spotify, iTunes, SoundCloud und den Apps wie Castro, Podcasts, Pocket Casts, Castbox, Overcast zu finden. Auf unserer Website kann man sich auch in unseren Newsletter eintragen.
Wir schicken immer eine kurze Nachricht raus, sobald eine neue Episode online ist.
Die Beiträge sind frei verfügbar und unabhängig von Ort und Uhrzeit abrufbar. Ich kann jeder Zeit Pause drücken und später weiter hören. Die einzige Voraussetzung ist ein Internetzugang.
Frage: Ihr Podcast richtet sich an Familien mit schwer erkrankten Kindern. Bei Kindern, bei dem die Erkrankungen noch nicht weit fortgeschritten sind, wissen zwar die Eltern um die Schwere der Erkrankung, doch erleben sie den Alltag weitaus anders als die Familie, bei dem der Alltag durch Immobilität, häufiger Krisen und schwerster Pflegebedürftigkeit des Kindes geprägt ist. Nimmt dies bei der Themenfindung eine Rolle ein?
Es gibt keine Grenzen oder Einschränkungen was die Themen der einzelnen Beiträge angeht. Das ist das Tolle am Format Wegbegleiter! Im Mittelpunkt steht, dass ein neuer Beitrag Inhalte bereithält, die für Familien hilfreich, informativ, motivierend, bereichernd sind und ggf. neue Perspektiven eröffnen.
Natürlich spielen für Familien andere Themen und Fragestellungen eine Rolle, wenn die Erkrankung noch nicht weit fortgeschritten ist oder eben häufige Krisen und schwerste Pflegebedürftigkeit des Kindes den Alltag bestimmen. Die unterschiedlichen Ausgangslagen und damit verbundene Fragestellungen werden auch im Podcast Wegbegleiter abgebildet.
Es gibt nicht „die betroffene Familie“. Jede Familie sucht, findet und geht ihren individuellen Weg und gestaltet im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten einen Familienalltag und ihr Leben.
Frage: Gibt es schon Rückmeldungen, welche Personenkreise diesen, neben den Familien, auch hören? Gibt es erste Rückmeldungen der Hörer?
Ich bin ehrlich gesagt selbst etwas überrascht, wie positiv und bestärkend das Format angenommen wird. Neben betroffenen Eltern, die von sich und ihrer Familie erzählen möchten, nehmen verschiedenste Verbände, Organisationen, Vereine und Initiativen Kontakt zu uns auf, bringen neue Themenvorschläge ein, schlagen neue Interviewpartner vor oder sprechen einfach „nur“ ihre Freude über die innovative Idee und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten aus.
Der Best Case und das, was wir uns gewünscht hatten, ist eingetroffen: Jeder der auf irgendeine Art und Weise selbst betroffen ist, oder sich für betroffene Familien einsetzt, kann sich bei uns melden und wir treffen uns (online) auf ein gemeinsames Gespräch.
Frage: Können von den Zuhörern auch Themenvorschläge eingereicht werden?
Unbedingt und jeder Zeit. Davon lebt der Podcast! Den Themen und Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Einzige Voraussetzung: Familien mit einem schwer kranken oder schwer behinderten Kind können etwas aus dem Beitrag für sich mitnehmen, werden inspiriert oder erkennen sich vielleicht sogar in der Geschichte wieder.
Ich selbst höre mehrere Podcasts. Ein Teil der Podcaster reden offen über die Podcasts, die sie inspiriert oder als Vorbild für deren gewirkt haben. Gibt es für den Podcast eine Inspirationsquelle?
Ich höre privat sehr unterschiedliche Podcasts – je nachdem wonach mir gerade ist. Zusammenfassungen und Diskussionen zum politischen Tagesgeschehen, Literatur- und Buchbesprechungen, Finanzen, Persönlichkeitsentwicklung, Selbstmanagement und Motivation, aber auch Comedy. Nicht selten stehe ich in der Bahn mit Kopfhörern im Ohr und muss laut auflachen.
Frage: Die Podcasts sind, von der Webseite ausgehend, nur ein Teil Ihres Angebotes für die Familien. Was bieten Sie und Ihre Einrichtung noch für die Familien mit schwer erkrankten Kindern an? Ist dies Angebot regional begrenzt oder auch bundesweit?
Auch Fachkräfte, Einrichtungen und Dienste können das kostenlose Angebot nutzen und sich rund um das Thema Palliative Care für Kinder und Jugendliche informieren.
Wir geben einen Überblick über die vielfältigen Unterstützungsangebote in Baden-Württemberg. Sie erfahren zum Beispiel wer Anspruch auf eine palliative Versorgung hat und welche individuellen Angebote in der jeweiligen Region für die Familien zur Verfügung stehen.
Wir bilden vor allem die Angebote in Baden-Württemberg ab. Allerdings halte ich die deutschlandweite Vernetzung von Familien und auch Fachkräften für sehr wichtig.
Die Herausforderungen, denen sich Familien mit einem schwer kranken Kind in unserer Gesellschaft gegenübergestellt sehen, enden nicht an der Grenze zu einem anderen Bundesland.
Nicht die gleiche Meinung mit meiner Partnerin zu teilen, da kann plötzlich einen Pflegefehler den nächsten jagen. Kennst Du es auch? Dein Kind…
Nicht die gleiche Meinung mit meiner Partnerin zu teilen, da kann plötzlich einen Pflegefehler den nächsten jagen.
Kennst Du es auch? Dein Kind hat eine schwere Krise, Ihr als Elternpaar fahrt es in die Klinik und der Arzt kommt, fragt Euch aus und Ihr redet beide darauf los. Ihr widersprecht Euch, meint, diese oder jene sei gemacht worden.
Der Arzt will es genauer wissen, doch ihr seit mitten drin. Du meinst, gegen Fieber hilft immer Paracetamol, dein/e PartnerIn sagt, es sei das Ibuprofen, was immer …
Stopp!
Es ist wichtig und es gut, wenn Ihr beide, Mutter und Vater, nah an der Behandlung und Pflege Eures schwer erkrankten Kindes dran seit und zusammen darüber entscheidet.
Eltern tragen eine Meinung im Kinderhospiz
Doch meine Erfahrung erzählt mir auch, sei es im Kinderhospiz oder beim ambulanten Intensivpflegedienst: Wenn jedes Elternteil etwas anderes über die Pflege des Kindes den Pflegefachkräften erzählt, verwirrt es diese nur.
Die Pflegefachkräfte wissen nicht, was ist richtig, was ist falsch. Wie soll das Kind richtig, im Sinne der Eltern, gepflegt werden.
Einige Pflegekräfte spiegeln die fehlende Einheit der Eltern wider: „Ihr Mann hat dies mir aber so erklärt. Bitte besprechen Sie es zuerst mit ihm. Wenn Sie dann einig sind …“
Aber nicht alle Pflegekräfte sind so taff.
Herausfordernd wird eine fehlende Einigkeit der Eltern besonders im Notfallplan — also dem Plan, welcher benennt, wie ein Notfall aussieht (Beschreibung) und wie gehandelt werden soll.
Seit ihr hier als Eltern uneins — dies verunsichert die Pflegefachkräfte, denn hier sollte „automatisch“ nach einem Algorithmus gearbeitet werden und egal wer als Elternteil mit beim Kind dabei ist: Es ist kein Platz für Diskussionen.
Stellt Euch vor, Ihr habt eine Panne mit dem Auto und jeder der Fahrgäste sagt etwas anderes, was zu machen sei. Da kann es schwierig werden, einen Lösungsweg zu finden.
Wähle den Familiensprecher
Für Abhilfe kann hier die Wahl eines Familiensprechers sein. Dies ist keine neue Idee. Ich hatte es einmal über einen Altenpfleger kennengelernt.
Die / der FamiliensprecherIn, sei es die Mutter, sei es der Vater — über diesen, nur über ihr / ihm, laufen alle Fragen des Kinderhospizes zur Pflege und Therapie des Kindes.
Sie oder er ist das Bindeglied zwischen der Familie und dem Team vom Kinderhospiz oder ambulanten Pflegedienst.
Praktisch sieht es so aus:
Dem Pflegeteam wird die / der Familiensprecherin mitgeteilt — über ihm laufen alle therapeutische / pflegerische Fragen vom Team und den Ärzten zusammen.
Sind beide Elternteile im Gespräch dabei, hat das Rederecht der Familiensprecher.
Müssen die Eltern eine Entscheidung treffen, dann bitten sie um eine Bedenkzeit, um es untereinander zu klären (außer im Notfall, sollte dies immer möglich sein).
Um im Notfall keine Diskussionen zu erleben, sollten alle Notfälle / Krisen erfasst und geklärt werden (ich weiß, es nicht einfach — bedenke hier, es ist jederzeit eine Änderung „des Fahrplanes“ möglich).
Die Mutter ist doch zuständig
In vielen Familien pflegt die Mutter das lebensverkürzt erkrankte Kind. Dies ergibt sich zum Beispiel aus der traditionellen Rollenteilung, die in vielen Familien noch gelebt wird oder gelebt werden muss (Ehemann bekommt mehr Lohn als seine Frau im Job).
Doch, nur als Tipp, kann auch der Vater hier den Part des Familiensprechers im Kinderhospiz oder gegenüber dem Intensivpflegedienst übernehmen.
Durch seinen Abstand von der Pflege kann es möglich werden, die eine oder andere Frage strukturierter zu erfassen und kritisch Rückfragen stellen: Um was geht hier „wirklich“?
Auch gibt es ihm einen Raum zurück bei der Versorgung seines erkrankten Kindes mitzuwirken, das Familienleben zu gestalten. Dadurch kann beiden Elternteilen wieder ein Gemeinsam bewusst werden, wenn es um das schwer erkrankte Kind geht.
Dies wäre für die eine oder andere Beziehung eine Chance: Das Paar kann dadurch wieder enger zueinander wachsen — es ist gleichzeitig Beziehungspflege.
Du bist am Limit. Hast, wenn Du ehrlich bist mit Dir, die tägliche Pflege über. In Dir streikt es, willst irgendwie durchhalten und…
Du bist am Limit. Hast, wenn Du ehrlich bist mit Dir, die tägliche Pflege über. In Dir streikt es, willst irgendwie durchhalten und doch überlegst Du, ob Deine nächste Reise auch ins Kinderhospiz gehen sollte.
Aus meiner Erfahrung mit 15 Jahren Pflege zu Hause: Der Pflege auch überdrüssig zu werden, sie abzuwehren: Es ist normal. Es ist auch normal, wenn Dich das Kinderhospiz, allein schon das Wort, erschreckt.
Wenn mir das Ganze rund um die Pflege bis zum Hals steht, ich kaum noch atmen kann, dann weiß ich: Ich brauche eine Auszeit. Ich brauche Entlastung. Doch unser Dilemma ist:
Die Pflege vom Kind muss abgesichert sein, wenn ich ins “Aus”, in die Pause gehe.
Durch den Pflegefachkräftemangel gibt es wiederholt offene Pflegestunden beim Kind, die ich abdecken muss, sonst müsste es in die Klinik
Auch wenn ich 24 Stunden täglich Pflegekräfte vor Ort hätte, müsste ich trotzdem präsent sein, weil die schwere Erkrankung komplex ist.
Was bleibt da anderes als ein Entlastungsaufenthalt im Kinderhospiz, denn eine Kur oder ein Urlaub, dies können andere und ich unter diesen Bedingungen vergessen.
Und, unter uns, das Kinder- und Jugendhospiz ist der richtige Ort für unsere schwer erkrankten Kindern. Lass Dich vom Vorurteil zum Namen “Hospiz” nicht täuschen.
Also bist Du bereit fürs Kinder- und Jugendhospiz? Im Teil 1 hatte ich schon die ersten Punkte für eine “Reisevorbereitung” benannt. Jetzt folgen die nächsten.
Du kennst Teil 1 nicht — lese ihn am besten vorher.
4. Bist Du bereit für schwierige Momente
Wir hatten die Offenheit im ersten Teil angesprochen, die wir brauchen, damit der Aufenthalt im Kinderhospiz entlastet.
Zu dieser Offenheit verbindet sich auch bereit zu sein, dass es im Kinder- und Jugendhospiz schwierige Erfahrung geben kann, die uns auf andere Art belasten oder emotional anstrengen können. Wenn zum Beispiel ein anderes Kind stirbt oder wenn ein Kind dauerhaft hoch fiebert und keiner kann die Frage beantworten: Wie endet diese schwierige Krise?
Es braucht Offenheit, denn wir sind in dem Haus, dem Kinderhospiz nicht allein. Wir treffen die Eltern der anderen beim gemeinsamen Essen. Wir treffen die eine oder andere Pflegefachkraft, die selbst, trotz aller Profession, angespannt wirkt.
Auch wenn ich keine Nähe zu der Familie hatte, wo das Kind gestorben ist, berührte es mich. Es macht mit mir etwas.
Ich kann nicht sagen, ob ich mich darauf vorbereiten konnte. Mir halfen dann die Gespräche mit dem Hauspersonal, sei es eine einzelne Pflegefachkraft oder jemand von der Seelsorge. Aus meiner Erfahrung war immer jemand da, wenn ich hätte reden wollen.
Ich weiß auch, wenn wir ins Kinderhospiz fahren, ich bereit bin dort schwierige Momente zu erleben. Ich weiß dabei, dass viele dieser Erfahrungen in der Nachsicht mich positiv getragen haben, das ich daran gewachsen bin.
Ich weiß auch, wenn es mir zu nah wurde, dass ich auch auf Distanz gehen konnte. Gut ist dabei, dies auch dem Personal mitzuteilen.
5. Bist Du bereit andere im Kinderhospiz einzuarbeiten
Wenn Du ins Kinderhospiz fährst, ist es okay, ob Du Dich den anderen Familien vor Ort öffnest oder nicht. Klar sein sollte Dir: Damit das Pflegefachpersonal Dein erkranktes Kind gut versorgten kann, braucht es eine Einarbeitung von Dir für die Pflege.
Okay, Du hast zu Hause einen Pflegedienst und der hat einen Pflege-Überleitungsbogen geschrieben fürs Kinderhospiz. Warum solltest Du die Pflegekräfte einarbeiten? Es sind dort ausgebildete Pflegefachkräfte, die teilweise spezialisiert weiter gebildet sind wie in der Palliativ-Care oder der Intensivpflege.
Stopp!
Es mag gut sein und wir können oder dürfen von einem Pflegebetrieb erwarten, dass er die ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen grundlegend versorgen kann.
Den Fokus setze ich hier auf „grundlegend“. Mehr erwarten kann ich nicht — denn zum einen haben viele der schwer erkrankten Kindern eine seltene, häufig unbekannte, Erkrankung mit verschiedensten komplexen Erscheinungen. Dazu hat jede chronische Erkrankung immer eine individuelle Ausprägung. Diese Individualität ist bedeutsam. Denn wird sie nicht beachtet, kann sich der Krankheitsverlauf verschlechternd.
Ohne eine Einarbeitung in den individuellen Pflegeplan Deines Kindes bedeutet es schnell, dass die Pflegefachkräfte ausprobieren müssen, was richtig und falsch ist, um den Pflegeplan selbst zu erarbeiten. Die Pflegefachkräfte kommen nicht drumherum, ob sie es wollen oder nicht, Fehler zu machen.
Besser, auch für die Lebensqualität Deines Kindes, ist eine Einarbeitung der Fachkräfte von Dir in den Pflegeplan. Weiterhin sorgt dies auch dafür, dass Du als Mutter oder Vater mit gutem Gefühl Euer Kind schneller der Pflege überlassen könnt.
Dazu bekommst Du einen Schatz: Über die Einarbeitung erfährst Du schnell wie die Pflege im Kinderhospiz „tickt“. Also auf was setzen sie den Fokus in der Pflege, welche Arbeitsphilosophie leben sie, welches Pflegemodell wirkt in die Arbeit.
6. Bist Du bereit im Kinderhospiz mit bei der Pflege anzupacken
Ob Zuhause, im Krankenhaus oder im Kinderhospiz. Überall wirkt der Pflegenotstand.
In den Häusern zeigt sich, von Kinderhospiz zu Kinderhospiz, ein unterschiedliches Bild. Aber Pflegenotstand bedeutet, auch wenn ein Pflegeanbieter alles Stellen „vermeintlich“ besetzt hat, kann die Pflege trotzdem einen Mangel haben, zum Beispiel:
Fluktuation: Die offenen Stellen sind erst kürzlich besetzt worden, ein Teil des Personals wird erst eingearbeitet oder arbeitet sich ein.
Wenn Stellen erst kürzlich besetzt wurden, kann es an Personal mit guten Weiterbildungen fehlen.
Die Stellen wurden mit „Ersatzkräften“ besetzt, die jetzt nicht die Krankenpflege-Ausbildung haben, somit weiterhin im Lernprozess sind und auf ihre Kollegen im Dienst wegen Fachfragen zurückgreifen müssen. Dies bindet Zeit.
Dadurch und eventuell durch akuten Personalausfall kann es passieren, so unsere Erfahrung, dass wir in der Pflege mit ausgeholfen haben. Sprich, wir haben unser Kind wenige Stunden bis maximal eine Schicht selbst versorgt.
Da half kein Jammern, sondern vor dem Aufenthalt im Kinderhospiz zu entscheiden: Gehe ich diese Bedingung ein, ja oder nein?
Viel schwieriger, so hörte ich es auch von anderen Eltern, ist es, wenn die Pflegefachkräfte sich zwar bemühen, doch die Pflege des Kindes hier und dort scheitert.
Dies kann verschiedene Gründe haben, bei dem ich mit Schuldfragen nicht weiter kam. Sie verbrauchen Energie und hemmen eher den klaren Weg, den es dann herzustellen gilt: Liebe Pflegekräfte, wir Eltern verstehen uns zusammen mit Ihnen als ein Team, als eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Sprechen Sie mit uns, wenn sie merken, hier passt was nicht, hier in der Pflege gibt es Fragen, hier brauchen wir von den Eltern Unterstützung. Nur so gewinnen wir auch ein Vertrauen zueinander und erleben eine gute Zeit miteinander.
Und zum Schluss
Sicherlich, es gibt noch mehr Feinheiten und falls Du noch nie im Kinderhospiz warst — frage das nächste stationäre Haus in Deiner Nähe an und nutze die Chance vor dem ersten Aufenthalt, das Haus erst mal kennenzulernen. Alle Häuser, die ich kenne, bieten den Eltern dies an. Passt es, dann schaue sofort, wann Ihr dort zur Entlastung aufgenommen werden könnt.
Hast Du noch Fragen? Oder warst Du schon im Kinderhospiz und es war anders. Schreib mir oder hinterlasse einen Kommentar dazu.
Familien, die ins Kinderhospiz fahren, die laufen echt am Limit, da geht gar nichts, nichts mehr Zuhause. Vermutlich sind es die letzten Lebenstage…
Familien, die ins Kinderhospiz fahren, die laufen echt am Limit, da geht gar nichts, nichts mehr Zuhause. Vermutlich sind es die letzten Lebenstage vom Kind.
Stopp!
Wenn wir uns als Familie aufmachen ins stationäre Kinderhospiz, dann sind wir zwar angespannt, fühlen uns kraftlos. Die tägliche Pflege zu Hause zeichnet unsere Wachheit zur Müdigkeit. Wenn es blöd läuft, dann geben wir weniger auf den anderen oder auf uns selbst acht.
Doch sind es nicht die letzten Lebenstage vom Kind1.
Wir sind zur Entlastung im Kinderhospiz und wenn es gut läuft, fahren wir mit guter Wachheit, einem Lächeln und einem Plus Achtsamkeit gegenüber uns und anderen wieder nach Hause.
Doch was braucht es, damit ein Aufenthalt im Kinderhospiz klappt?
Sechs Dinge, für die Du unbedingt bereit sein solltest, um auf den Aufenthalt gut vorbereitet zu sein.
1. Bist Du bereit für die Entlastung im Kinderhospiz
Um die „Prophezeiung“ eines Pflegeentlastungs-Aufenthalt zu erfüllen, ist deine Erwartung an Dir selbst wichtig:
Sei bereit die Last der Pflege dem Kinderhospiz abzugeben. Sei bereit Anspannung in Dir loszulassen.
Das klingt einfach und doch ist es dies nicht. Zumeist brauchen viele Menschen, um sich von den ganzen Ballast des Pflegealltags zu befreien, erstmal einen Zugang zu sich selbst.
Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz, wenn ich es als Bild setze. Die Last, der gesamte Ballast in unserem Leben, ist wie ein schwerer, trauriger und dunkler Baum, der seine langen Wurzeln durch all unser Erleben gezogen hat.
Auch durch unsere Selbstwahrnehmung und den Zugang zu uns selbst.
Die Wurzeln blockieren uns wie Schranken in unserem Weg zu uns selbst. Doch es gilt: Sei bereit für die Entlastung. Dann ziehen sich die Wurzeln zurück und je mehr Du etwas für Dich gestaltest, Du Dich in den Arm nimmst, je mehr verkümmert der Baum.
2. Bist Du bereit, dich im Kinderhospiz zu öffnen
Eine Reise ins Kinderhospiz setzt voraus, dass Du bereit bist andere, neue oder fremde Menschen zu treffen. Fremde Menschen, die Dir dort in dem Alltag helfen wollen, die Dein erkranktes Kind pflegen wollen.
Damit diese Menschen, seien es die Pflegefachkräfte, die Sozialarbeit oder die Hauswirtschaft, bestmöglich für dich und deine Familie sorgen können, braucht es Deine Offenheit ihnen gegenüber.
Sei somit offen für neue Erfahrungen. Sei offen dafür, dass Pflegefachkräfte wissen wollen, wie Du Dein Kind versorgst. Sei offen dafür, dass andere Eltern vor Ort Euren Lebensweg kennenlernen wollen.
Ich weiß, hier kann ein Hemmnis, eine Schwere liegen, die Fenster und Türen deines Selbst gegenüber anderen zu öffnen, sie hineinzubitten. Denn dafür braucht es wiederum einen guten Zugang zu dir selbst.
Doch probiere es, denn nur so können die schweren, tiefen Wurzeln des dunklen Baumes, der deine Lebenslast erschwert, zurückgehen. So kannst du wieder einen Schritt nach vorne gehen, um dich wohler zu fühlen und neue Kraft zu schöpfen.
3. Bist Du bereit, die Leere zu ertragen
Mitten im Aufenthalt im Kinderhospiz kann es passieren, dass Du plötzlich Langeweile hast oder Dich leer und erschöpft fühlst. Dies ist nicht nur mir so ergangen, sondern auch anderen, mit denen ich darüber sprach.
Ich nehme es als ein Marker, Du kannst auch Symptom sagen, für den Start der Entlastung. Den Begriff Entlastung selbst kann ich, wie auch andere, nicht fühlen. Er ist abstrakt und er beschreibt etwas „Großes“ mit vielen Eigenschaften.
Wie fühlt sich Entlastung an, wäre die Frage. Es sind damit viele Gefühle verbunden, wie frei sein, leer oder auch alles, was sich versteckt unter: Ich bin erschöpft.
Die Last der täglichen Pflege Zuhause spüren viele pflegende Eltern oder Angehörige nicht eindeutig, wenn sie mitten drin sind. So auch meine Erfahrung.
Aus meiner Sicht wirken hier noch andere Dinge auf einem ein wie Pflichtgefühl, Verantwortung oder Erwartungen der Gesellschaft, der Wunsch geliebt zu werden.
Schwierig ist dies, wenn sich zu dieser Last noch Überforderung mit „dieser“ Pflege gesellt, die Gewalt in der Pflege „erzeugen“ kann.
Es ist eine logische Konsequenz, dass pflegende Angehörige wie auch Eltern erkrankter Kinder psychische oder psychosomatische Probleme entwickeln können.
Wenn wir zu Hause durch die tägliche Pflege ständig unseren „inneren“ Motor auf Höchstleistung touren und wir plötzlich im Kinderhospiz diesen Motor auf Leerlauf stellen, dann packt uns diese Leere.
Wir müssen plötzlich nichts mehr schleppen.
Dann erleben wir, wie ausgebrannt der Motor ist, weil wir gar nichts mehr schaffen. Viele erleben dann ein erhöhtes Schlafbedürfnis. Vielleicht um den Motor zu pflegen, neu zu schmieren.
Es ist nichts anderes.
Kommt diese Leere, dann trage sie als ein Geschenk, was dir zeigt: Aber hallo, es ist höchste Zeit mal ein paar Gänge runter zu schalten.
Fußnote: 1. Auch wenn wir es nie wissen, denn laut der Erkrankung kann eine spontane Krise schnell tödlich enden ↩
Es zerreißt die Familie mit dem Intensivpflegegesetz Die Kinderhospizarbeit begleitet das Leben der Familien 5 Dinge, welche die Entlastung im Kinderhospiz begleiten Lebensbedrohlich erkrankt und doch Kinderhospiz. Was? — Ins Kinderhospiz ab der Diagnose